Wo stehen wir auf dem Weg in eine sozial-ökologische Gesellschaft?

Das materielle Ausmaß unserer aktuellen Lebensweise schadet dem Klima, der Natur, anderen Menschen und nicht zuletzt auch uns selbst. Diese Tatsache hat sich in den letzten Jahren zum Glück immer weiter herumgesprochen. Neben politischen Maßnahmen, die den Weg zu einer wachstumsunabhängigen Gesellschaft weisen müssen, können wir alle natürlich selbst etwas an unserem Leben ändern. Wir beobachten seit einiger Zeit vier so genannter Suffizienzpraktiken - also Handlungsweisen, die möglichst wenig Ressourcen verbrauchen, ohne dass die Lebensqualität dadurch sinkt. Sie sind für uns Indikatoren dafür, wie weit wir alle auf der individuellen Ebene bereits auf dem Weg in eine sozial-ökologischere Gesellschaft sind:

1. Konsum: Kaufen wir gezielt weniger Dinge?

2. Sharing: Teilen wir Dinge, um sie ressourcenschonender zu nutzen?

3. Mobilität: Nutzen wir umweltfreundliche Verkehrsmittel?

4. Ernährung: Essen wir möglichst vegetarisch/vegan?

Fazit dieser Beobachtung: Ungeachtet aller Bekenntnisse dazu, klima- und umweltfreundlicher leben zu wollen, wirkt die Einstellungs-Verhaltens-Lücke zuverlässig ;-). Am weitesten verbreitet ist nach Eigenauskunft der Befragten bisher die umweltfreundliche Mobilität. Im Dezember 2020 stimmten 40 Prozent der Befragten voll und ganz oder eher zu, dass sie vorrangig zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit Bus oder Bahn unterwegs sind. 37 Prozent sagten, sie schränken bewusst ihren Konsum ein. Jeweils 27 Prozent praktizierten irgendeine Form des Teilens oder versuchten ihren Fleischkonsum einzuschränken bzw. lebten bereits vegetarisch/vegan.

Die Mehrheit der Befragten - 39 Prozent - praktizierte im Dezember 2020 jedoch keine der vier Verhaltensweisen. 29 Prozent wendeten eine Suffizienzpraktik an, 15 Prozent zwei und nur 6 Prozent alle vier. Seit Oktober 2019 haben sich die Anteile für alle vier Praktiken nicht nennenswert geändert, auch wenn sie im Zeitverlauf leicht schwankten. Ein lokales Hoch erreichten alle während des ersten Lockdowns im April 2020 - als das Einkaufen schwieriger wurde -, sanken danach aber wieder.

Schauen wir auf die demographischen Gruppen, dann sehen wir sehr Bekanntes: Frauen geben bei allen vier Praktiken signifikant häufiger an, dass sie sie tun. Und je jünger jemand ist, desto ausgeprägter ist das Suffizienzverhalten. Hinzu kommt, dass es bei Personen mit höherer Bildung stärker zu erkennen ist.

Und wie sieht's bei Ihnen aus? Wir bleiben am Puls und hoffen, bald die eine oder andere Kurve steigen zu sehen.

Wirtschaft vor Klima?

Wir haben es oben bereits angesprochen: Für einen erfolgreichen Wandel hin zu einer sozial-ökologischen Gesellschaft müssen politische Rahmenbedingungen gesetzt werden. Das bedeutet auch, dass wir Prioritäten ändern. Bisher ist eine der Leitlinien des politischen Handelns die Sicherstellung von Wirtschaftswachstum. Aus heutiger Sicht sichert Wirtschaftswachstum in Deutschland Arbeitsplätze, materiellen Wohlstand und nicht zuletzt das Funktionieren unserer Sozialsysteme. Unablässiges Wirtschaftswachstum hat jedoch eine Reihe gravierender negativer Folgen, unter anderem auf das aktuelle Klima. Weichenstellungen hin zu einer sozial-ökologischen und klimafreundlicheren Gesellschaft werden also am Diktat des Wirtschaftswachstums rütteln müssen. Doch wie akzeptiert wäre das in der Bevölkerung?

Unsere Befragungen zeigen dass die Mehrheit der Bürger*innen zumindest nach eigenem Bekunden auch Klimaschutzmaßnahmen befürwortet, die das Wirtschaftswachstum gefährden. Ziemlich stabil liegt deren Anteil bei ca. 60 Prozent. 39 Prozent befürworten nur Klimaschutzmaßnahmen, die das Wirtschaftswachstum nicht gefährden, der Rest kann auf die Frage nicht antworten.

Nach einem leichten Anstieg zu Beginn der Corona-Pandemie sank der Wert der Befürworter*innen wieder auf das Niveau von Ende 2019. Spannend wird nun sein, wie sich angesichts fortdauernder auch wirtschaftlicher Einschränkungen durch die Pandemie die Bereitschaft der Bürger*innen zu "harten" Klimaschutzmaßnahmen entwickeln wird. Auch hier bleiben wir natürlich dran.

Mehr über unsere Forschungsangebote im Bereich "Umwelt & Nachhaltigkeit" haben wir übrigens hier dargestellt.