Die politische Landschaft ist im Umbruch
In Epochen gesellschaftlicher Umbrüche verändern sich auch immer die politischen Einstellungen der Menschen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Parteiensystem in Deutschland. Die historisch gewachsenen Koalitionen zwischen Wähler*innen und Parteien werden umgewälzt und neue deuten sich an. Längst sind die alten Cleavages zwischen Kapital und Arbeit, Kirche und Staat sowie Stadt und Land nicht mehr entscheidend für die politische Einstellung. Auch gilt nicht mehr, dass sie quasi „vererbt“ wird, also Kinder dieselbe politische Einstellung besitzen wie ihre Eltern. Dies ist besonders gut zu beobachten an Wahlentscheidungen. Diese werden immer situativer getroffen – also nach der Frage, welche Partei gerade die individuell oder gesellschaftlich meisten Vorteile bietet. Das bedeutet, die politische Einstellung ist auch fluider geworden. Keine leichte Aufgabe für politische Einstellungsforschung.
Grundlegende Trends fordern die Menschen heraus
Moderne Völkerwanderungen und interkulturelle Entwicklungstrends sind nur zwei Beispiele für neue Erfahrungen, mit denen die Menschen lernen müssen, umzugehen. Sie verursachen in einigen Bevölkerungsgruppen eine tiefe Unsicherheit, die sich unter anderem in radikaleren politischen Einstellungen niederschlägt. Diese haben das Potenzial, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und auch unsere demokratische Grundordnung zu gefährden. Deshalb ist es wichtig, die Zusammenhänge zwischen den gesellschaftlichen Entwicklungen, ihren Auswirkungen auf die Menschen und die dadurch verursachten politischen Einstellungsmuster zu erforschen. Nur so können die richtigen Schlüsse gezogen werden, welche politischen Maßnahmen ergriffen und wie politische Kommunikation gestaltet werden sollte – aber auch, wo Krisen bekämpft werden müssen.
Politikforschung ist gelebte Demokratie
Sie gibt allen gesellschaftlichen Gruppen die Möglichkeit, ihre Einstellungen und Meinungen zu äußern. Damit wirkt sie dem Druck der veröffentlichten Meinung entgegen, in der meist nur besonders ressourcenreiche oder aktive Gruppen in Erscheinung treten. Wir möchten mit unserer Forschung dazu beitragen, gesellschaftlichen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern das ganze Bild Einstellungen und Meinungen in unserer Gesellschaft zu vermitteln. Als Forschungspartner von Universitäten und Forschungseinrichtungen beschäftigen wir uns beispielsweise mit der empirischen Untersuchung der Entwicklung politischer Partizipation, des interkulturellen Zusammenlebens oder der Einstellung zum politischen System. Neuartige Phänomene erforschen wir mit einem Methodenmix aus qualitativen und quantitativen Erhebungsinstrumenten. In Kombination mit Langzeitbeobachtungen erhalten Sie Informationen über:
- die politischen Werte und Interessen der Menschen,
- die Partizipationsbereitschaft und präferierte Form der Beteiligung,
- die Einstellung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen zum demokratischen System,
- die Deutungen von interkulturellen Entwicklungsprozessen sowohl durch die einheimische Bevölkerung als auch durch Zugewanderte mit und ohne Fluchthintergrund,
- Erklärungsansätze für die kurz-, mittel- und langfristige Einstellung der Menschen zum Parteiensystem.