Castoren suchen eine neue Bleibe

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Haushalt und konsumieren dort Dinge, ohne dass es eine Mülltonne für die Abfälle gibt. So hat es Deutschland, nein die ganze Welt, bisher mit der Atomenergie gemacht. Und seit vielen Jahren sind wir nun auf der Suche nach einer geeigneten Mülltonne für hoch radioaktive Abfälle. Da tut es das Standardmodell vor der Haustür leider nicht. Das Zeug strahlt nämlich sehr ungesund, und das noch für rund 1 Mio. Jahre. Wir brauchen also ein sicheres Endlager dafür. Klar ist aber auch, dass da kaum einer "hier" schreit.

Die Standortsuche - das muss man wohl so sagen - ist eine der undankbarsten, aber auch spannendsten Aufgaben, die derzeit im Land zu vergeben sind.

Und wir sind schon ein bisschen stolz und hoch erfreut, dabei zu sein! Mit einer umfangreichen Bevölkerungsbefragung haben wir im letzten Jahr das Wissen, die Einstellungen und die Wünsche der Bürger*innen in Bezug auf die Standortsuche erhoben. Um die unterschiedlichen Vorstellungen (wir nennen sie nach Moscovici "soziale Repräsentationen") verschiedener Bevölkerungsgruppen vom Projekt der Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle miteinander in Beziehung setzen zu können, haben wir ein relativ neuartiges Modell verwendet. Diesen transdisziplinären Analyserahmen für Konflikte bei Infrastrukturprojekten hat Sebastian Götte in einem Team des Fraunhofer Instituts für solare Energiesysteme mitentwickelt. Er hilft uns nun, die konfliktverursachenden Unterschiede zwischen den sozialen Repräsentationen der "Endlagerung" zu erkennen und kommunikative Anknüpfungspunkte zu identifizieren.

Im Herbst wurden ja die potenziellen Teilgebiete veröffentlicht und werden nun in einem Beteiligungsprozess weiter definiert. In ca. einem Jahr werden wir dann noch einmal das Ohr an die Bürger*innen halten, um herauszufinden, was sich seit unserer ersten Befragung geändert hat. Damit liefern wir dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) wichtige Informationen darüber, wie gut der Standortprozess aus Sicht der Bevölkerung angelegt ist und wo ggf. noch nachgebessert werden sollte. Denn eins ist klar: irgendwo muss das Zeug am Ende hin. Aber der Standort des Endlagers sollte von der großen Mehrheit der Menschen in diesem Lande aus guten Gründen toleriert werden können.